Neue Ansätze in der Bekämpfung von multiresistenten Keimen

Problematik der multiresistenten Keime

Multiresistente Keime (MRK) sind Bakterien, die gegen mehrere Antibiotika resistent sind. Diese Resistenzen stellen eine erhebliche Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar, da sie die Behandlung von Infektionen erheblich erschweren und die Sterblichkeitsrate erhöhen. Die Problematik der multiresistenten Keime lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen:

  1. Übermäßiger und unsachgemäßer Einsatz von Antibiotika:

    • Überverschreibung und unsachgemäßer Gebrauch von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin.
    • Unvollständige Behandlungszyklen, bei denen Patienten die Medikation vorzeitig abbrechen.
  2. Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft:

    • Verwendung von Antibiotika zur Förderung des Wachstums und zur Vorbeugung von Krankheiten bei Nutztieren, was zur Entwicklung und Verbreitung resistenter Bakterien beitragen kann.
  3. Schlechte Hygiene und Infektionskontrolle:

    • Unzureichende Hygienepraktiken in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen.
    • Mangelhafte Desinfektion und Sterilisation von medizinischen Geräten.
  4. Globaler Reise- und Handelsverkehr:

    • Erhöhte Mobilität von Menschen und Waren, die zur weltweiten Verbreitung resistenter Keime führt.

Einfluss und Wirkung vom Wirkstoff Sinigrin auf multiresistente Keime

Das Senföl Sinigrin, ein Glucosinolat, das in Kreuzblütlern wie Brokkoli, Senf und Meerrettich vorkommt, hat in Studien gezeigt, dass es potenziell gegen multiresistente Keime wirken kann. Dies ist insbesondere auf seine antibakteriellen, antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften zurückzuführen.

1. Antibakterielle Eigenschaften

Direkte bakterizide Wirkung:

  • Das Senföl Sinigrin wird im Körper zu Allylisothiocyanat (AITC) abgebaut, einer Verbindung mit starker antimikrobieller Wirkung. AITC kann die Zellwände und Zellmembranen von Bakterien durchdringen und ihre Struktur und Funktion stören, was zum Zelltod führt.
  • Studien haben gezeigt, dass AITC sowohl gegen grampositive als auch gramnegative Bakterien wirksam ist, einschließlich solcher, die resistent gegen mehrere Antibiotika sind.

Hemmung der Biofilmbildung:

  • Viele multiresistente Bakterien können Biofilme bilden, komplexe Gemeinschaften von Mikroorganismen, die durch eine schützende Matrix aus Polysacchariden und Proteinen zusammengehalten werden. Biofilme erhöhen die Resistenz der Bakterien gegen Antibiotika und das Immunsystem des Wirts.
  • Das Senföl Sinigrin und seine Abbauprodukte können die Bildung von Biofilmen hemmen und bestehende Biofilme auflösen. Dies geschieht durch die Störung der Kommunikation zwischen den Bakterienzellen, ein Prozess, der als Quorum Sensing bekannt ist.

2. Antioxidative und entzündungshemmende Effekte

Reduktion von oxidativem Stress:

  • Infektionen mit multiresistenten Keimen verursachen häufig oxidativen Stress, der die Immunantwort schwächt und Gewebeschäden fördert.
  • Der Wirkstoff Sinigrin hat starke antioxidative Eigenschaften, die helfen, reaktive Sauerstoffspezies (ROS) zu neutralisieren und die antioxidativen Abwehrmechanismen der Zellen zu stärken.

Modulation der Immunantwort:

  • Der Wirkstoff Sinigrin kann die Freisetzung von pro-inflammatorischen Zytokinen hemmen, die eine übermäßige Entzündungsreaktion verursachen. Dies kann durch die Hemmung von Signalwegen wie NF-κB geschehen.
  • Durch die Reduktion der Entzündung kann Sinigrin die Immunantwort des Körpers gegen Infektionen unterstützen und gleichzeitig Gewebeschäden durch überschießende Entzündungsreaktionen verhindern.

3. Synergistische Effekte mit Antibiotika

Verstärkung der Antibiotika-Wirkung:

  • Studien haben gezeigt, dass das Senföl Sinigrin und seine Abbauprodukte in Kombination mit Antibiotika eine synergistische Wirkung haben können. Dies bedeutet, dass die kombinierte Anwendung die Wirksamkeit der Antibiotika erhöhen und die benötigte Dosis reduzieren kann.
  • Diese synergistischen Effekte können durch die Erhöhung der Permeabilität der Bakterienzellen für Antibiotika oder durch die Hemmung von bakteriellen Resistenzmechanismen entstehen.

4. Hemmung bakterieller Enzyme und Resistenzmechanismen

Inhibition bakterieller Enzyme:

  • Das Senföl Sinigrin kann die Aktivität von bakteriellen Enzymen hemmen, die für die Resistenz gegen Antibiotika verantwortlich sind, wie z.B. β-Lactamasen, die β-Lactam-Antibiotika abbauen.
  • Durch die Hemmung dieser Enzyme kann der Wirkstoff Sinigrin dazu beitragen, die Wirksamkeit von β-Lactam-Antibiotika gegen resistente Bakterien wiederherzustellen.

Störung der bakteriellen Resistenzmechanismen:

  • Das Senföl Sinigrin und seine Abbauprodukte können auch die Expression von Genen beeinflussen, die an der Antibiotikaresistenz beteiligt sind. Dies kann durch die Beeinflussung von Signalwegen und Transkriptionsfaktoren geschehen, die die Genexpression regulieren.

Zusammenfassung

Das Senföl Sinigrin hat das Potenzial, eine bedeutende Rolle im Kampf gegen multiresistente Keime zu spielen. Die wichtigsten Mechanismen umfassen:

  • Antibakterielle Eigenschaften: Direkte bakterizide Wirkung und Hemmung der Biofilmbildung.
  • Antioxidative und entzündungshemmende Effekte: Reduktion von oxidativem Stress und Modulation der Immunantwort.
  • Synergistische Effekte mit Antibiotika: Verstärkung der Antibiotika-Wirkung und Reduktion der benötigten Dosis.
  • Hemmung bakterieller Enzyme und Resistenzmechanismen: Inhibition bakterieller Enzyme und Störung der Resistenzmechanismen.

Die Forschung zum Wirkstoff Sinigrin und seiner Wirkung auf multiresistente Keime ist vielversprechend, aber es sind weitere Studien erforderlich, um die genauen Mechanismen und die klinische Anwendung zu bestätigen. Die Nutzung von dem Senföl Sinigrin könnte eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden Behandlungsstrategien darstellen und helfen, die Bedrohung durch multiresistente Keime zu mindern.

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0009279723000509?via%3Dihub